Geschichte der deutschen Literatur Bd. 10: Geschichte der deutschsprachigen Literatur 1918 bis 1933 by Kiesel Helmuth

Autor:Kiesel, Helmuth [Kiesel, Helmuth]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Literatur: Allgemeines, Nachschlagewerke
Herausgeber: C.H.Beck
veröffentlicht: 2017-05-09T22:00:00+00:00

V. LITERATUR DER ARBEITSWELT

1. Aspekte der Produktion und Rezeption

Ein überaus wichtiges Segment der Literatur der 1920er Jahre ist die Literatur der Arbeitswelt, die sich in verschiedenen Spielarten breit entfaltete. In speziell interessierten Kreisen wurde sie programmatisch erörtert und praktisch kultiviert, und zunehmend fand sie auch die Aufmerksamkeit und – teilweise – Anerkennung der professionellen Literaturkritik. Oft wurde diese Literatur – seit den 1920er Jahren – unter der Rubrik ‹Arbeiterliteratur› behandelt, weil ein Teil von ihr von Arbeitern geschrieben und an Arbeiter adressiert war. Es würde aber den Gegebenheiten nicht gerecht, den Blick nur auf diese Arbeiterliteratur im engeren Sinn zu richten. Die industriell geprägte Arbeits- und Wirtschaftswelt der 1920er Jahre wurde von Autoren mit sehr unterschiedlicher sozialer Positionierung in sehr verschiedenen Formen reflektiert. Zu jener Art von Arbeiterliteratur, die über das Leben von Arbeitern spricht, trat um 1922 die Literatur von und über Werkstudenten, trat später die Angestelltenliteratur, traten Unternehmerliteratur und Arbeitslosenliteratur, kam Literatur, die – in allegorischen Sprechchorspielen für Massen oder in realistisch-analytischen Beschreibungen – die Strukturen der kapitalistischen Gesellschaft insgesamt sichtbar zu machen suchte. Kurz: Literatur der modernen Arbeits- und Wirtschaftswelt ist mehr als Arbeiterliteratur im engeren Sinn, doch bildete diese eine dauerhaft wichtige Sparte und färbte, wie man an Erik Regers großem Industrieroman Union der festen Hand (1931; s.S. 761 ff.) gut beobachten kann, auf die gesamte Literatur der Arbeitswelt ab.

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